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Deutsch-polnische Jugendbegegnung in Oṡwięcim /Polen

Im Juli berichteten wir über die deutsch-polnische Jugendbegegnung in Bad Liebenzell, die vom Internationalen Forum Burg Liebenzell und der Internationalen Jugendbegegnungsstätte Oṡwięcim organisiert wird und an der elf Schülerinnen und Schüler unserer Schule in Begleitung von Iris Oppermann teilnahmen. Im Oktober stand nun der vom deutsch-polnischen Jugendwerk großzügig geförderte einwöchige Gegenbesuch in Polen an. Die Begegnung unter dem Motto „Menschenrechte gestern und Menschenrechte heute“ widmete sich im Besonderen dem Recht auf Bildung, das in verschiedenen Workshops thematisiert wurde. Das von Stasia Piotrowska und Ann-Kathrin Leide zusammengestellte Programm war eindrucksvoll und sehr vielseitig. Neben der Arbeit in den Workshops verbrachten die deutschen und polnischen Schülerinnen und Schüler gemeinsame Zeit bei der Stadtführung durch Oṡwięcim , dem Besuch der polnischen Schule und bei einem Tagesausflug nach Krakau. Im Mittelpunkt der Begegnung stand aber die Vorbereitung auf den Besuch in der Gedenkstätte Auschwitz und Auschwitz- Birkenau, der im Anschluss sehr intensiv - auch mit Hilfe einer Zeitzeugin - nachbereitet wurde. Im Folgenden schildern einige der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler ihre Eindrücke:

Oṡwięcim
Oṡwięcim mit seinem quadratischen Marktplatz und den alten Gebäuden erinnert ein wenig an Calw. In Oṡwięcim gibt es einige Geschäfte, Restaurants und Supermärkte, die nur ca. zehn Minuten von der Begegnungsstätte entfernt sind. Gefallen hat uns vor allem die Schule, ein ehemaliges Kloster, an die sich unmittelbar eine Kirche anschließt. Während des Austausches konnten wir Polen ganz unmittelbar kennenlernen. Ich würde diesen Austausch jedem unbedingt empfehlen, da man dort vielen aufgeschlossenen und freundlichen Menschen begegnet. Zudem lernt man an Ort und Stelle etwas über die grausamen Verbrechen der Nationalsozialisten, aber auch wie man in der Gedenk- und Begegnungsstätte versucht aufzuklären, um zu verhindern, dass so etwas noch einmal passiert. Besonders zu erwähnen ist noch das Gerhard Richter Museum auf dem Gelände der Jugendbegegnungsstätte, das der Künstler selbst entworfen hat und in dem sein „Birkenau-Zyklus“ ausgestellt ist. Dieser Zyklus zeigt vier von Richter auf Leinwände übertragene Fotografien, die ein Häftling des KZ-Sonderkommandos von der Verbrennung der Leichen gemacht hat.
[Juliane Schramm 10a; OP]

Krakau
Am Montag besuchten wir Krakau. Die zweistündige Stadtführung ging durch die Innenstadt, die wie ein Teil der Stadtmauer noch aus dem Mittelalter stammt. Den Marktplatz, übrigens einer der größten mittelalterlichen Plätze in Europa, schmückt die Marienkirche mit der goldenen Krone auf dem Kirchturmdach. Sie ist ein Wahrzeichen Krakaus, genauso wie die Wawel-Burg. Als ehemalige Residenz der polnischen Könige und als Symbol für den polnischen Nationalstolz hat sie eine besondere Bedeutung in der Geschichte des Landes. Die gesamte Altstadt gilt aufgrund ihrer historischen Struktur seit 1978 als UNESCO Weltkulturerbe.
Am Schluss der Führung besuchten wir das Judenviertel Krakaus, Kazimierz, das im 14. Jahrhundert gegründet wurde und sich schnell zu einem blühenden Zentrum für die jüdische Bevölkerung entwickelte. Heute leben dort nur noch schätzungsweise 1000 bis 2000 Juden. Eine der ältesten noch aktiven Synagogen ist die Remuh-Synagoge mit der an sie grenzenden Remuh-Gräberstätte, die eine der ältesten jüdischen Friedhöfe in Polen ist. Heute wird der Friedhof als Gedenkstätte genutzt und ist ein Ort für lokale und internationale Besucher, die das jüdische Erbe erkunden oder die Geschichte der jüdischen Gemeinde ehren wollen.
Außerdem gibt es in Krakau auch sehr viele Geschäfte mit schönen Souvenirs und viele Stände mit typisch polnischem Streetfood wie zum Beispiel die sogenannte Obwartanki, die
Bageln ähneln oder Pierogi, kleine Teigtaschen mit verschiedenen Füllungen.
[Emilia Wilhelm, Simone Giegerich, J1; OP]

Auschwitz
Ich denke, dass jeder bereits von Auschwitz-Birkenau gehört hat. Es zeugt von der Vernichtung der europäischen Juden und der Sinti und Roma durch das Nazi-Regime. Der Besuch dort war für mich jedoch völlig anders als erwartet.
Während des Besuchs der Gedenkstätte war es für mich schwer, die Schrecklichkeit dieses Ortes zu begreifen. Man war an einem Ort, an dem Menschen ermordet, gefoltert und gequält wurden. Dem gegenüber empfand ich die Atmosphäre im Lager während des Besuchs fast schon als friedlich. In der 9. Klasse war ich von Dachau überwältigt, ich kam mit dem Besuch dort nicht zurecht. Dementsprechend erwartete ich, dass Auschwitz mich ebenfalls völlig aus der Bahn werfen würde.
Doch genau dies ist nicht passiert. Man ist an dem Ort eines unfassbaren Verbrechens, sieht die Zeugnisse dieser Taten und doch kann man nicht erfassen, was es heißt, dass knapp eine Millionen Jüdinnen und Juden in diesem Lager ermordet wurden, dass die Menschen dort täglich morgens und abends knapp 4 Stunden Appell stehen mussten, sie jeden Tag 12 Stunden harte körperliche Arbeit verrichten mussten - all das kann ich mir nicht vorstellen und genau so war Auschwitz – unfassbar, unbegreiflich das Verbrechen, die Frage, warum es die Shoah gab. Man sieht die Beweise, kann sich aber das Ungeheuerliche nicht vorstellen, weil es unvorstellbar ist. Ich denke, ein Besuch in Auschwitz lohnt sich, wenn man sich auf diesen Ort einstellt.
Fotos habe ich aus Respekt keine gemacht, ebenfalls fällt mir kein Motiv ein, dass die Atmosphäre von Auschwitz widerspiegelt.
[Raphael Bader, J1; OP]

Der Besuch einer Zeitzeugin
Am Donnerstag bekamen wir in der Bildungsstätte Besuch von einer Zeitzeugin. Die damals Elfjährige wurde als politischer Häftling in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau zusammen mit ihren Eltern und ihrem Bruder inhaftiert. Per Simultanübersetzung vom Polnischen ins Deutsche durften wir ihre Geschichte und die ihrer Eltern und Geschwister hören. Besonders beeindruckend war für uns hierbei die bildliche Vorstellung des Grauens im Dritten Reich genauso wie in den Vernichtungs- und Konzentrationslagern. Die Gedenkstätte, die wir uns einen Tag zuvor angeschaut hatten, war nun nicht nur mit Fakten verbunden, sondern auch mit der Vorstellung von dem menschenunwürdigen Alltag und den Emotionen, die wir von der Zeitzeugin übermittelt bekamen. Sie erzählte uns von den Strapazen nach der Zeit der Inhaftierung, die keineswegs nach dem Ende des Krieges einfach verschwanden. Am Ende des Seminars durften wir ihr noch Fragen stellen, bevor wir uns leider schon wieder von ihr verabschieden mussten.
[Salomé Friese, J1]